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 Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt

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Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Empty
BeitragThema: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 14:08

Diese Geschichten habe ich schon länger auf dem Rechner - möchte sie aber euch nicht vorenthalten:


Zum Dicken Fritz
Eines schönen Tages Mitte der 90er Jahre in der Pichelsdorfer Straße auf der Linie 134 stieg an der Adamstraße eine junge Frau ein, fragte mich:“ Zum dicken Fritz, wo steig icken da aus?“, und lief weiter.
Sie war schon an der Treppe und erhielt die passende Antwort: “An der Mitteltür!“ „Danke!“ erwiderte sie und setzte sich. Der „Dicke Fritz“ war übrigens ein Gatower Lokal.

Fahrlehrers Leid
Nach der bestandenen Fahrschule (Klasse 2) folgte der P-Schein. Also rauf auf den Bus und Schalten üben, Haltestellen anfahren, sanft Bremsen und und und – eben alles was einen Busfahrer ausmacht
(ausmachen sollte). Bei einer dieser Übungsfahrten mit einem D2U durch die Turmstraße wurde das Haltestellenanfahren geübt. Da wir Lehrlinge auf Wunsch des Fahrlehrers vorne sitzen sollten, damit wir
alles mitbekommen, wurde hinten auf der offenen Plattformtür eine Leine mit einem Schild „Nicht Einsteigen!“ gespannt. Dieses Schild (und das Zielschild) hinderte eine alte Frau aber nicht daran über die
Leine zu steigen und sich dann auch noch lautstark zu beschweren: “Das wird ja immer doller bei der BVG – jetzt muss man hier schon Seilspringen machen!“ Selbst unser Fahrlehrer wurde ganz stumm,
dass kannten wir von ihm überhaupt nicht (er war im Krieg Feldwebel!). Als er die Sprache wieder fand versuchte er der alten Frau den Sinn der Leine zu erklären, gab aber irgendwann auf und wies den
Fahrschüler an sie nach Hause zu fahren nachdem er erfahren hatte, wo sie hin wollte. Bedankt hat sie recht herzlich und wir hatten in der Kantine auf Müllerstraße was zu erzählen.

Verkehrsmeisters Leid
Im Winter 1964/ 1965 fuhr ich auf der Linie 86. Dort konnten nur Eindecker eingesetzt werden, damals der Typ „Präsident“. Es lag über einen halben Meter Neuschnee auf den Straßen und es schneite
immer noch. Aus den planmäßigen 50 Minuten Fahrzeit von der Sandkrugbrücke wurden 2 Stunden und nach anderthalb Runden ohne Pause an der Birkbuschstraße ankamen und wir kurz vor der Endstelle
waren (Blockumfahrung) sah ich einen Mann winken. Er ruderte wild mit beiden Armen und ungefähr hundert Meter bevor der Bus bei ihm war, verlor die Gestalt wegen der Glätte ihren Halt und fiel
rücklings in einen Schneehaufen. Ich bog also rechts ab und sah die Bescherung: drei Wagen standen dort kreuz und quer und keiner kam mehr vorwärts. Wir waren also der vierte Wagen und keiner kam
mehr vorwärts. Als ich ausstieg, stand der „Schneemann“ vor mir und entpuppte sich als Verkehrsmeister, der mich anschrie und fragte, was mir einfiele abzubiegen. Ich müsse doch seine Zeichen gesehen
haben. „Die Fahrordnung und außerdem habe ich dich weder erkannt, noch hast du mir eindeutige Zeichen gegeben!“, erwiderte ich nur und als er fortfahren wollte kam der fünfte Wagen hinter uns zum
Stehen. „Mach mal Figur, sonst steht der sechste Wagen auch gleich fest!“, sagte ich zu ihm und er stapfte wütend nach vorne. Den sechsten Wagen hat er übrigens gekriegt. Irgendwann kam der
Schlepper vom Betriebshof Lichterfelde und er hat uns dann wieder frei gezogen.

Grenzkonflikte
Irgendwann in den frühen 80er Jahren stand ich spätabends mit einem SD auf der Linie 97 an der Endstelle Heerstraße/ Stadtgrenze, heute Hahneberg und machte Pause. Bekannterweise war der
Grenzkontrollpunkt Staaken davon nur wenige Meter entfernt. Plötzlich stieg Leuchtmunition auf und kurz darauf heulten die Sirenen und die Scheinwerfer erleuchteten alles taghell. Das an sich war
nichts ungewöhnliches, lösten doch Hasen oder andere Tiere gerne mal die Stolperdrähte im Grenzbereich aus. Als ich dann aber Schüsse und deren Einschläge hörte entschied ich mich doch dazu, die
Endstelle schnellstens zu verlassen und gab Vollgas. Ich wartete meine restliche Pause lieber an der Haltestelle Pillnitzer Weg ab.

Denn sie wissen nicht, was sie tun…
Im Spätsommer 1987 war ich morgens mit einem SD auf der Linie 63 in der Hackbuschstraße Richtung Heidebergplan unterwegs. Ein älterer Herr kam aus dem Oberdeck und teilte mir mit, dass oben zwei
Kinder mit einem gelben Filzstift Hakenkreuze auf die Sitze malen würden. Ich hielt an der Haltestelle „Gartenstadt Staaken“ an und stellte die beiden zur Rede. Eine zufällig vorbeikommende Fußstreife
nahm den Vorfall auf und es stellte sich heraus, dass es zwei 11-jährige Waisenjungen waren. Einige Wochen später kamen die beiden mit ihrem Betreuer auf den Betriebshof Spandau und schrubbten
einige Wagen als „Strafe“. Was ich als wesentlich wichtiger empfand, war die Tatsache, dass den beiden hinterher bei einer Cola in der Kantine von älteren Kollegen was über die Zeit von 1933-1945
erzählt wurde.

Angst
Irgendwann um 1975 fuhr ich mit meinem 35er Richtung Hottengrund den Kladower Damm runter. Da ich einen Haufen Schüler im Wagen hatte, fielen mir die beiden 15-jährigen,
die unten das Heckfenster großflächig beschmierten nicht auf. Allerdings fuhr hinter mir eine Zivilstreife und denen fielen die Schmierfinken sehr wohl auf. Sie überholten mich und stiegen an der
Haltestelle „Breitehornweg“ ein. Sie erzählten mir ihre Beobachtung und wir gingen nach hinten um die Jungs mit der Beobachtung der Polizisten zu konfrontieren und die Personalien festzustellen.
Als einer der Jungen seinen sehr seltenen Namen nannte, stutzte ich und fragte ihn ob er jemandem gleichen Namens kenne, der ein Kollege war. Es stellte sich heraus, dass er der Sohn des
Kollegen war. Nach der Personalien und Schadensfeststellung fuhren die beiden Polizisten die Jungs nach Hause um sie den Eltern zu übergeben. Einige Tage später traf ich die Polizisten in der
Kantine des Betriebshofes Spandaus wieder und sie erzählten mir, dass der Kollegen-Sohn sich während der Fahrt zu ihm nach Hause in die Hose geschi**en hätte – es soll ihm aus dem Kragen
gelaufen sein, solche Angst hatte er…

Verschlafen
Als ich mit 21 Schaffner beim Autobus wurde, ist mir 2x ein "V30" (d.h. Verschlafen im BVG-Jargon) passiert. Da meine damalige Verlobte - heute Ehefrau - in der Schönwalder Str. wohnte, und ich
auf dem AS1 Schaffnern sollte, rief ich auf Hof H an und schilderte meinem Fahrer das Problem. Damit keiner der damals reichlich anwesenden Reserven runter musste und ich kein V30 angeschrieben
bekam, fuhr er kurzerhand (vorschriftswidrig) ohne Schaffner Richtung Spandau. Ich fuhr ihm entgegen, sprang in Ruhleben auf und kassierte. Das konnte man damals noch machen, der Fahrer musste
sich natürlich auf mich verlassen können!

Die Wettfahrten
Wenn ich abends nach Feierabend auf dem AS1 mit meinem D3U und Schaffner Richtung Helmholtzstraße aussetzte und neben einem gemütlich die Straßenbahnen über den Spandauer Damm
"Betriebsfahrt" Richtung Hof Char zuckelte, kam es meistens zu einer spontanen Wettfahrt. Obwohl einige D3U bis zu 110 km/h liefen, hatte man Schwierigkeiten mit der Straßenbahn mitzuhalten!
Wenn dann an der Ecke Spandauer Damm/ Königin-Elisabeth-Straße die Straßenbahn auch nur einen halben Meter Vorsprung hatte, zog sie rum - Vollbremsung! Bei dem wenigen Verkehr damals konnte
man so was riskieren.

Der Unfall
1982 fuhr ich vormittags auf dem 54E/ 6 Richtung Zoo. An der Ampel Schönwalder Straße/ Neuendorfer Straße hörte ich über Funk, wie ein Kollege der Richtung Klinkeplatz unterwegs war, aufgeregt
meldete, ihm sei am "Wröhmännerpark" eine Person vor den Bus gelaufen. Ich fuhr um die Ecke zur Haltestelle blieb stehen, lud die Leute aus, um dem Kollegen zu helfen. Obwohl die gesplitterte
Frontscheibe mit "Blut und Gehirn" verschmiert war, war keine Person zu finden. Wie bei so etwas üblich kamen Polizei und Feuerwehr, aber die Suche nach der Person blieb erfolglos.
Erst nach einer Stunde kam ein Autofahrer, dessen VW Käfer auf dem Mittelstreifen der Neuendorfer Straße abgestellt war an und meldete er hätte eine Leiche unter dem Wagen.
Es war Tatsache der Gesuchte: Er ist so über die Straße geflogen und unter dem Käfer, dass es keiner sah und er so "sauber" unter dem Auto lag, dass er nicht zu sehen war...

Der Feldwebel
Früher war es bei Verspätungen durchaus üblich die Fahrgäste mit einem freundlichen: "Bitte beeilen beim Einsteigen!" auf die Sprünge zu helfen. Auf dem AS1 Richtung Zoo sagte eine freundliche Frau in
Ruhleben zu mir (Schaffner) äußerst harsch: "Jawohl, Herr Feldwebel!" Als ich nach der Abfertigung dann durch den Wagen kassieren ging, musste ich mich beeilen, denn der Wagen war voll und in
zwei Minuten musste ich am Schloss Ruhwald wieder hinten stehen und abfertigen. Ich ging als schnellen Schrittes nach vorne und als ich an "Madame Militär" vorbei gehen wollte, hielt sie ihren Kopf in den
Gang um nach rechts zu schauen. ZACK - "Aua!" schrie sie, denn ihr Kopf hatte schmerzliche Bekanntschaft mit meinem Galoppwechsler gemacht. Kleine Sünden bestraft der Herr eben sofort -
die großen nach neun Monaten... ;-)

Keine Verständigung, Leitstelle!
Als wir ab 1968 auf dem 54er Einmann fuhren und die Spandauer Regionalleitstelle am U-Bahnhof Ruhleben ihren Sitz bekam, kam es natürlich öfters einmal vor, dass man mit dem 54er/ 54E unten stand,
als oben die U-Bahn einlief. Unsere eifrigen Verkehrsmeister da oben sahen natürlich nur die U-Bahn oben und den Bus unten - auf Füllungsgrad des Wagens oder Verspätungen wurde keine Rücksicht
genommen und obwohl dort alle paar Minuten ein 54er und die anderen Linien verkehrten, brüllten sie in ihr Mikro:"Kolleje, uffn Vianfuffzijer am Bahnhof Ruhleben Richtung Spandau bleib mal stehen, da
kommt noch ne U-Bahn!" Unsere Reaktion: Türen zu und los! Doch damit nicht genug, wenn man dann an der Ampel Stendelweg stand, riefen sie hinterher: "Wajen xy, bitte dreh ne Ehrenrunde um den
Bahnhof!" Denkste! Ampel grün und los - natürlich links rum! Am Krematorium hab ich ihn dann freundlich angesprochen: "BVG-Drei, bitte kommen!". "Ach, der werte Herr Kolleje hat seinen Hörsturz
auskuriert, wat sollte dit denn eben?". "Haben sie mich etwa eben angesprochen?". "Natürlich. Ich wollte, dass sie stehen bleiben, es kam noch ne U-Bahn!". "Tut mir leid, ich hatte keine Verständigung!
Nur ein Rauschen!" "Kolleje, bei da nächsten Runde steh ick unten und trete dir in den Allerwertesten!" Manche standen wirklich da ;-)

Die Tür in Ruhleben
Anfang der achtziger Jahre stand ich mit ein paar Kollegen an der Endstelle Hempelsteig hinter dem U-Bahnhof Ruhleben, ich hatte den 5er, zwei Kollegen einen 31er und ein anderer den 35er sowie einer
den 56er. Wie üblich wurde miteinander gequatscht und da kann (sollte zwar nicht) es mal vorkommen, das man die Zeit vergisst. Irgendwann merkt der Kollege des ersten 31ers, dass seine Abfahrtzeit
schon drei Minuten überschritten war. Er also rein in den E2H, Motor starten, Handbremse los und Gas! RUMMS! Wenn er vor lauter Aufregung nicht vergessen hätte, in den Spiegel zu schauen, hätte er
den DE auf dem 54er gesehen... So lagen dann die Türblätter der Mitteltür im DE und Gott sei dank stand kein Fahrgast an der Tür und wurde verletzt. Ende vom Lied - Zwei Wagen im Arsch und
die drei Minuten Verspätung waren mit einem Male so was von unwichtig...

Der Mord
Schreck in der Morgenstunden für meine Frau, als mitten in der Nacht zwei Polizisten in Zivil klingelten und sagten, sie kämen von der Mordkommission! Sie bekamen nach der für meine Frau beruhigenden
Erklärung, dass mir nichts geschehen sei und sie mir nur Fragen stellen müssten einen Kaffee. Ich kam vom Nachtdienst (54EN) nach Hause und wurde gefragt, ob ich an der Kirschenallee einen
blutverschmierten Mann gesehen hätte, der gar mitgenommen hätte - hatte ich aber nicht. Auf einem Parkplatz der Gartenkolonie Wasserturm war ein Mann in seinem Auto erstochen worden.
Ob man den Täter je gefasst hat, ist mir unbekannt.

Latrinen-Gerüchte
Endstelle Beeskowdamm Anfang der 60er Jahre. Da es dort keine Toilette gab, mussten die Kollegen sich dort in der Wildnis erleichtern. Einer Hausbesitzerin an dieser Endstelle gefiel dieses Procedere an
ihrem Gartenzaun nicht und so schrieb sie der Hauptverwaltung eine Beschwerde. Die BVG wusste um den Umstand und hatte mit dem Bezirksamt (Abteilung Tiefbau) bereits die Aufstellung einer Toilette
vereinbart. So schrieb man ihr, sie möge für die letzten Wochen über diese "Kleinigkeit" hinwegsehen. Ihre Antwort: "Kleinigkeiten? Da sind janz schöne Dinger dabei!"

So siehste aus!
Mitte der Siebziger Jahre hieß der damalige Direktor der BVG Joachim Piefke. Mit seiner Fliege war er den Kollegen und überhaupt in der Stadt bekannt. Piefke war noch ein Direktor, der bei der BVG von
der "Pieke auf" gelernt hat - er fing als Wagenwäscher bei der Straßenbahn an und durchlief viele Abteilungen. Als Dienstwagen fuhr er keinen BMW oder Mercedes, sondern einen Opel Rekord in dem er
alle Funkkanäle empfing, ein solches Funkgerät war auch auf seinem Boot installiert und wenn er z.B. von einem schweren Unfall Kenntnis nahm, ließ er sich am Ufer absetzen und fuhr mit seinem Dienstwagen zum Ort des Geschehens. Piefke ließ sich auch öfter mal an der Strecke blicken und fragte dann die Kollegen manchmal, ob sie ihn denn kennen würden. Einem neuen Kollegen aus Bayern
passierte das an der Haltestelle "Alt-Pichelsdorf" Richtung Reimerweg. Piefke ging auf die Fahrbahn, öffnete die Fahrertür (D2U) und fragte: "Kennen sie mich?", der Kollege, der über das Aufreißen der Türe nicht sehr erfreut war, entgegnete: "Nö, muss I?" "Mein Name ist Piefke!" Der Kollege, der sich nun völlig verarscht fühlte, brüllte ihn an: "So siehst Du auch aus!", knallte die Tür zu und fuhr weiter. Passiert ist übrigens danach nix, Piefke hatte eben Humor...

Wechseln
"Können sie einen Hunderter wechseln?" - diese Frage hört man als Schaffner/ Busfahrer morgens um kurz nach 5 Uhr am liebsten. Da ich mir daraus aber nichts machte, sondern den Leuten gnadenlos
eine Quittung ausstellte, die sie auf dem Betriebshof wieder zu Geld machen konnten, merkte ich mir diese Kandidaten eigentlich nie. Bis auf einen "Kunden" der Montags-Freitags morgens auf der
ersten Fahrt von Hottengrund bis zur Heerstraße mitfuhr und dann Richtung Zoo umstieg. Da man sich ja mit den Kollegen unterhält und ich der Nächste war, der den 35er morgens fahren sollte, beschloss
ich dem kleingeldlosen Mann zu helfen und ihn von seiner "Macke" des Hunderter-Schwingens auszutreiben. Vom Kassenschaffner genügend Rollen Kleingeld geholt ging es auf Strecke - und richtig in
Hottengrund stand mein zukünftiger Freund. Sein "Gebettel" um Einlass vor der Abfahrtzeit verneinte ich und ging (wirklich notwendig) auf die Toilette.
Zur Abfahrtzeit zog ich vor, mein "Kumpel" stieg ein und das unvermeidliche trat ein - er legte seinen Einhundertmarkschein auf das Zahlbrett und grinste: "Einen Umsteiger bitte!" Ich griff den Schein,
steckte ihn in meine Hemdtasche, drehte mich um, griff meine Tasche und öffnete sie. Ich holte die Rollen heraus und zählte ihm fast 100 Mark in 5 Pfennigen vor. Er bot mir an, die Rollen geschlossen zu
lassen, was ich aber aufgrund der Bestimmungen ablehnen musste. Nachher heißt es, ich hätte ihn betrogen. Sein Blick entschädigte mich für die 8 Minuten Verspätung (sein Anschluss an der Gatower-/
Heerstraße war natürlich flöten) mehr als genug. Die Kollegen berichteten, er hätte einige Wochen danach immer noch merkwürdigerweise passend gezahlt - mit Sechsern.

"Soll ick noch ne U-Bahn mitnehmen?"
Als der U-Bahn-Bau das Spandauer Rathaus ereichte, ließ das auch die Haltestellen vor dem Rathaus nicht unberührt und der Platz wurde immer enger. An einem schönen Sonntagvormittag stellte ein
Verkehrsmeister sein Bein in meine vordere Tür und schaute verträumt in die Sonne. Als meine Zeit dran war, fragte ich ihn: "Soll ick losfahr'n, oder soll ick noch ne U-Bahn mitnehmen?" Er schaute mich an,
schaute auf die Baustelle, sah wieder mich an und gab mir mit einem: "Hau bloß ab!", endlich die Fahrt frei...

"Kölner Koffer"
Ein Kollege (Zugabfertiger U-Bahn) erzählte mir folgende wahrheitsgemäße Geschichte:
Er hatte in den 80ern am U-Bhf. Zoo (unten) der Linie 9 Dienst und wunderte sich, dass eine junge Frau mit ihrem Koffer auf einer Bank saß und gespannt auf die FAZs starrte, die aufgrund einer
Betriebsstörung immer zwischen Nicht Einsteigen!, Osloer Straße und Leopoldplatz wechselten. Nach 4-5 Stunden kam sie an sein Häuschen und fragte ihn durch das Sprechfenster: "Entschuldigen sie,
wissen sie wann mein Zug nach Köln kommt?"

Steinschlag am Zoo - 68er gegen 94er
1968 - Studentendemo. "Achtung! Räumen sie sofort den Hardenbergplatz sowie die Endstelle Hertzallee über Müller-Breslau-Straße und nehmen sie auf dem "17.Juni" Aufstellung - warten sie dort auf
weitere Anweisungen!", klang es aus dem Funkgerät. Ich hätte diese Anweisung ja liebend gerne befolgt, nur hatte ich in dem Augenblick die Hardenbergstraße überquert und wartete mit meinem
Sichtkarten-DE an der Ampel zur Kantstraße auf die Grünphase. Die Ampel wird "Grün" - in dem Augenblick kommen die Demonstranten angerannt und es knallte und schepperte fürchterlich - schließlich ist
ein Bus ein schönes Ziel, es bewegt sich und es ist groß. Also rauf auf die Hupe und die Fußgänger verjagt, die in den Hauseingängen Schutz suchten. Dann rein in die linke Spur der Kantstraße und
Vollgas, was bei den DE nicht wirklich viel war. Aus den Nebenstraßen kamen ebenfalls Demonstranten angerannt. Die erste Haltestelle, die ich bediente war die an der Wilmersdorfer Straße. Ich setzte an
der Gatower Straße aus und fuhr auf den Betriebshof - 18 Einschläge zählte ich mit dem Werkstattmeister. 14 zwischen Ober- und Unterdeck und 4 im unteren Bereich - Gott sei Dank wurde weder eine
Scheibe noch ein Fahrgast getroffen.

Alkohol für BVGer verboten
Der Kiosk im U-Bahnhof Ruhleben durfte an BVGer keinen Alkohol verkaufen. Wenn diese im Dienst sind nachvollziehbar. Hatte man aber Feierabend und kam mit der U-Bahn an und wollte sich die
Wartezeit auf den Bus verkürzen, war das ärgerlich. Manchmal traf ich einen befreundeten Polizisten und dieser gab mir dann seinen Mantel. Wir haben uns dann bei ein paar Bierchen köstlich amüsiert
und über unsere Erlebnisse ausgetauscht...

Der Bierlaster
1965 hatte ich Schaffnerdienst auf der Linie A86, die damals mit Wagen des Typs "Präsident" bedient wurde. Nach dem morgendlichen Berufsverkehr fuhr mein Fahrer an der Haltestelle
"Wilmersdorfer Straße/ Kantstraße" zu kurz raus und rammte einen Schultheiss-Laster, der gerade auslieferte. Ab der zweiten Tür flogen alle Fenster raus und ich rettete mich mit einem Sprung aus meinen
Schaffnersitz. Die ganzen Bier-Pullen flogen samt Kästen in den Bus und es schäumte wie wild. Verletzt wurde niemand, und der herbeigerufen Verkehrsmeister weinte mehr um das Bier als um den
Schaden am Bus...

Fliegender Feuerlöscher
Ein Kollege fuhr irgendwann in den 80er Jahren auf dem 54er Richtung Spandau und als er kurz vor der Haltestelle Machandelweg unter der U-Bahnbrücke durchfuhr, knallte ein Feuerlöscher ungefähr fünf
Meter vor ihm auf den Boden. Irgendwelche Volldeppen hatten ihn aus einer fahrenden U-Bahn geworfen. Gott sei dank war er nicht schneller, denn der Feuerlöscher hätte das Dach durchschlagen und
jemanden verletzen oder gar töten können!



Zuletzt von Staakener am Sa 3 Dez - 18:28 bearbeitet; insgesamt 5-mal bearbeitet
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wertz




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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 14:50

Wirklich klasse, auch gut, die Geschichten als Bettlektüre zu verwenden Very Happy
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phillip

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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 15:32

Das sind schöne Geschichten Staakener! Freue mich auf eventuelle Fortsetzungen Wink
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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 15:36

Danke! Embarassed
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Pierre

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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 15:52

Wow! Das erste mal, dass ich einen ganzen Geschichtenpost von dir gelesen habe... Gefällt mir! Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Images?q=tbn:ANd9GcSQu9mBcphIumUE5lM0DOWxzyIXRaDy-V1n9dqzpP9X4rAZtdg4lNmyAw3L
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Hi!
Echt klasse Geschichten.
Manche sind echt witzig Very Happy

Gruß!
Niklas
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Staakener




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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 15:58

Und keine ist erfunden!
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Nikix

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Gute Geschichten, das treibt einem die Langeweile aus.
Danke fürs tippen!
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felix01

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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 16:41

Da bekommt man ja glatt Lust sich seinen späteren Lebensweg umzuschreiben um doch noch Busfahrer zu werden Wink

Aber ich denke, dass solche Geschichten heutzutage eher seltener bis garnicht passieren, da sich viele auf die Mauer oder einfach die Umstände dieser Zeit beziehen.
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Staakener




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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 17:43

Tja Felix, so ist das eben mit den Geschichten aus der guten alten Zeit.

Sie sind Vergangenheit und nicht wiederholbar.
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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 18:55

Schöne Geschichten! Aber findest du nicht, dass "Der Unfall" ein wenig zu blutig ist? Wink
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Staakener




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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeMi 28 Sep - 19:09

Das ist noch die harmnlose Variante und zeigt, dass auch beim Busfahren nicht immer alles eitel Sonnenschein ist oder war.
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Bene

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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeDo 29 Sep - 11:56

Schöne Geschichten. Die haben was! Wink
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BeitragThema: Re: Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt   Ein paar reale Kurzgeschichten aus dem "Alten Berlin" - Thema ins neue Forum geholt Icon_minitimeDo 29 Sep - 18:06

Jap... schon genial... Mein Liebling ist übrigens der Typ der hinterher dort mit seinen 5 Pfennig Stücken im Bus saß...
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Pierre

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Mein Lieblings-Storys sind die "Wechseln" und die mit dem Bier-LKW. Aber wirklich gut gelungen, hab sie mir schon 10 mal durchgelsenen.
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Die fiktiven Geschichten wurden auf Staakeners Wunsch von mir in ein neues Thema abgeteilt: https://omnibussimulator.forumieren.com/t8193-fiktive-geschichten
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